Unser Tipp

Richard Kornitzer kehrt 1947 nach zehn Jahren Exil endlich zurück nach Deutschland. Seine Sehnsucht nach der Heimat ist groß, doch es wird eine Rückkehr ohne Ankunft. Ursula Krechel erzählt atmosphärisch und mit großer Wucht von einer zerrissenen Familie und von den Gründungsjahren der Republik.

Was darf er hoffen? Was muss er fürchten? Richard Kornitzer, ehemaliger Richter, Jude und Exilant, wurde nach seiner Rückkehr ins Nachkriegsdeutschland als Displaced Person eingestuft. Bei seiner Ankunft am Bodensee erwartet ihn nur seine Frau zurück. Die Kinder sind noch in England und wollen nicht zurück, die Eltern sind Fremde für sie. Doch Kornitzer lässt sich nicht beirren und kämpft um einen Platz, und um Wiedergutmachung. Am Landgericht Mainz bekommt er schließlich eine Stelle, doch seine Hoffnungen und Kämpfe um Gerechtigkeit scheitern, er stößt auf Gleichgültigkeit und Abwehr. Absurde Bürokratie und ehemalige Mitläufer des Naziregimes verhindern seine Identifikation mit der einstig glorreichen Heimat, denn für jemanden wie ihn ist in einem Land, das vergessen will, kein Platz.

Ursula Krechels Roman lässt Dokumentarisches und Fiktives ineinander übergehen, beim Finden und Erfinden gewinnt eine Zeit atmosphärische Konturen, in der die Vergangenheit schwer auf den Zukunftshoffnungen lastet. Mit sprachlicher Behutsamkeit und einer insistierenden Zuneigung lässt dieser Roman den Figuren späte Gerechtigkeit widerfahren.

Für „Landgericht“ wurde Ursula Krechel mit dem Deutschen Buchpreis 2012 ausgezeichnet.