Unser Tipp

Tony Webster muss sich nach einer überraschenden wie seltsamen Erbschaft mit dem Selbstmord eines Freundes nach Jahrzehnten wieder auseinandersetzen – und mit verzerrten Erinnerungen sowie seiner lang verdrängten Schuld.

„Geschichte ist die Gewissheit, die dort entsteht, wo die Unvollkommenheiten der Erinnerung auf die Unzulänglichkeiten der Dokumentation treffen.“ Zitiert Adrian Finn, Schulkamerad von Tony Webster, auf die Frage, was Geschichte sei. Und genau diese Erfahrung muss Webster 40 Jahre nach dem Selbstmord seines Freundes machen. Webster, längst in einem mittelmäßigen, angepassten Leben angekommen, bekommt das Tagebuch seines damaligen Freundes Finn vermacht und muss sich mit seinen Erinnerungen und der Frage auseinandersetzen, wie viel Mitschuld er dessen Selbstmord trägt. Je mehr Tony erfährt, desto unsicherer scheint seine eigene Geschichte und er muss erkennen, dass die Erinnerungen an seine Jugend weitaus subjektiver und verzerrter sind, als er jemals gedacht hätte.

Julian Barnes, geboren 1946 in Leicester, studierte Sprachen und Jura und arbeitete anschließend als Lexikograph und Journalist. Seit 1980 veröffentlichte er zahlreiche Romane, Essays und Erzählungen und arbeitete als Übersetzer französischer Literatur (u.a. übersetzte er Gustav Flaubert). In den 80er Jahren veröffentlichte er außerdem vier Kriminalromane unter dem Pseudonym Dan Kavanagh (den Nachnamen übernahm er von seiner Agentin und Frau). 2011 erhielt er den Booker Prize für Vom Ende der Geschichte (Sense of Ending). England, England (1998), Arthur & George (2005) und Flauberts Papagei (1984) hatten zuvor auf der Shortlist des Preises gestanden, für letzteren erhielt er 1986 den Prix Médicis.